Mozart: Missa in c, KV 427
Et incarnatus est
Mozarts Messe in c-Moll KV 427
Aufführung am 27. Februar in der Wohltorfer Kirche
Ein besonderes musikalisches Ereignis war am Vorabend des 3. Sonntags der Passionszeit in der Wohltorfer Kirche zu erleben. Auf dem Programm stand mit Wolfgang Amadeus Mozarts c-Moll-Messe KV 427 ein Werk, das zu seinen eindrucksvollsten Kompositionen überhaupt gehört, zugleich aber von mehreren Geheimnissen umgeben ist. So hat Mozart die Messe unvollendet hinterlassen, und auch der genaue Anlass ihrer Entstehung ist nicht bekannt. Aus einem Brief des Komponisten geht hervor, dass sie offenbar im Zusammenhang mit seiner Heirat mit Konstanze Weber am 4. August 1782 und einer geplanten Reise nach Salzburg niedergeschrieben wurde, wahrscheinlich im Herbst und Winter 1782/83. Als Mozart im folgenden Sommer von Wien in seine Geburtsstadt reiste, um Vater und Schwester endlich seine Frau vorzustellen, kam es dort zu einer Aufführung der Messe, bei der Konstanze eine der beiden Sopranpartien übernahm. Doch erklangen damals nur die Teile Kyrie, Gloria und Sanctus (mit Benedictus). Erhalten ist außerdem, wenn auch in unvollständiger Instrumentation, der Anfang des Credo. Vor zehn Jahren hat deshalb der amerikanische Mozart-Forscher Robert D. Levin, ausgehend von kurzen Skizzen und Motiven Mozarts, die restlichen Teile des Credo sowie das Agnus Dei und Dona nobis pacem ergänzt. Es handelt sich dabei um etwa 25 Minuten zusätzlicher Musik.
Diese selten zu hörende Fassung wurde nun einem zahlreich erschienenen Publikum in einer bemerkenswerten Aufführung präsentiert. Die Wohltorfer Kantorei und Jugendkantorei sangen die komplexen, vier-, fünf- und achtstimmigen Chorsätze, die Mozarts intensive Beschäftigung mit der Musik Georg Friedrich Händels und Johann Sebastian Bachs erkennen lassen, höchst eindrucksvoll: mit großem Ernst, aber auch Temperament und Leidenschaft, mit klarer Stimmführung und Wärme. Ein vorzüglicher Partner war dabei das auf historischem Instrumentarium spielende Sächsische Barockorchester aus Leipzig. Von den vier Solostimmen hat Mozart die beiden Sopranpartien bevorzugt behandelt und ihnen einige seiner großartigsten Eingebungen zukommen lassen. So sang Marlen Korf mit ausgesprochen schöner Stimme, tiefer Innerlichkeit und leuchtendem Klang das Christe eleison und dann später das unvergleichliche Et incarnatus est, in welchem die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus durch die Kombination der Singstimme mit obligaten Soloparts für Flöte, Oboe und Fagott auf überwältigende Weise zum Ausdruck kommt. In der zweiten Sopranpartie ließ Olivia Stahn nicht minder beeindruckend das Laudamus te erklingen, und zu einem weiteren bewegenden Moment wurde das als Duett der beiden Soprane angelegte Domine Deus. Die von Mozart mit weniger großen Aufgaben bedachten Männerstimmen fanden gleichwohl in Knut Schoch (Tenor) und Julian Redlin (Bass) exzellente Interpreten. Ein besonderes Lob muss aber der ebenso souveränen wie sensiblen Leitung von Andrea Wiese gelten. Ihr ist mit der hervorragenden Realisierung dieses anspruchsvollen Mozart-Projektes ein Glanzstück hiesiger Kirchenmusik gelungen.
Dr. Alexander Odefey